Leitbild – Orientierung für die Initiative und „Marketing“ nach außen

Ein Leitbild gibt allen Mitgliedern einer Initiative eine einheitliche Orientierung und unterstützt die Identifikation mit der Organisation. Ein gutes Leitbild orientiert, motiviert und „wirbt“ für die Initiative. Ein Leitbild besteht aus Mission, Vision und Werten. Es ist überzeugend formuliert. Hier erfahren Sie, warum es sinnvoll ist, ein Leitbild für die eigene Initiative im Team zu erstellen und mit welchen Methoden man ein passendes Leitbild erstellen kann. Und ganz wichtig: wie kann ein Leitbild gelebt werden?

Funktionen eines Leitbilds

Ein Leitbild stellt ein Orientierungssystem dar, das das Handeln der Mitglieder lenken soll. Es ist mit seinem Zielsystem ein „realistisches Idealbild“ (Bleicher 2004: 274) und bildet das Selbstverständnis der Initiative ab. Es enthält die grundsätzlichsten und damit allgemeingültigsten, gleichzeitig aber auch abstraktesten Vorstellungen über angestrebte Ziele und Verhaltensweisen der Unternehmung” (Bleicher 2004: 274).

Ein gutes Leitbild hat Wirkungen nach innen und nach außen. Nach innen orientiert und motiviert es und nach außen „wirbt“ es für die Organisation. Es ist somit auch an die interessierte Öffentlichkeit gerichtet (Bleicher 2004: 249)

Orientieren

Leitbilder geben die übergreifende Orientierung für das Management der Initiative aber auch für den Alltag und das Tagesgeschäft. Auch wenn das Leitbild abstrakt formuliert ist, lassen sich Ziele ableiten, deren Erreichung überprüft werden können und die für alle Mitglieder bindend in ihren Aktivitäten sind. Möglichst bald nach Gründung einer Initiative ein Leitbild zu erarbeiten, hat den Vorteil, dass grundlegende Fragen und vor allem normative Vorstellungen gemeinsam geklärt und damit bindend werden.

Motivieren

Ein Leitbild motiviert, weil es die Aktivitäten in einen größeren Sinnzusammenhang einordnet und verdeutlicht, warum es sich lohnt, sich für eine bestimmte Sache (gegen den Klimawandel!) einzusetzen. Ein gelungenes Leitbild gibt Anlass zum Feiern und kann die Mitarbeitenden stolz sein lassen.

Werben

Während das „Orientieren“ und „Motivieren“ nach innen auf die Mitglieder gerichtet ist, „wirbt“ ein Leitbild nach außen, indem es ein Bild des Auftrages, den die Initiative für die Gesellschaft wahrnimmt, vermittelt. Das Leitbild zeigt den Außenstehenden auch, was sie mit diesem Auftrag erreichen will und auf welcher Wertegrundlage sie arbeitet.

Inhalte eines Leitbilds

Mission

„Welchen gesellschaftlichen Auftrag übernimmt die Initiative? Was bewirkt die Initiative für wen?“

Die KlimaKom eG hat gemeinsam mit den Mitarbeiter/-innen für die Fachberatungen zur beruflichen Anerkennung ausländischer Qualifikationen in Bayern ein Leitbild erarbeitet (siehe http://www.migranet.org/images/Aktuelles/Leitbild_Anerkennungsb_Bayern_2014.pdf). Aus diesem Leitbild sei hier ein Teil der Mission zitiert:

„Wir sind neutrale und unabhängige Fachberatungsstellen zur beruflichen Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Unser Angebot richtet sich an Menschen mit ausländischen Qualifikationen, Multiplikatoren sowie Arbeitsmarktakteure“ (MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern 2014: 6).

Vision

„Wo wollen wir in fünf / acht / zehn Jahren stehen?“ Die Vision gibt die strategische Ausrichtung für die kommenden Jahre vor. Mit der Vision positioniert sich die Initiative in der Landschaft der anderen Nachhaltigkeitsinitiativen und anderen gesellschaftlichen Akteuren.

Die Vision der bayerischen Anerkennungsberatung ist:

„Die Fachberatungsstellen in Augsburg, München und Nürnberg sind als Regelangebote etabliert und stellen eine wichtige Säule für die Praxis der Anerkennung ausländischer Qualifikationen dar. Unser Fachwissen fließt in politische Entscheidungsprozesse zur Regelung der Anerkennungsverfahren, in die tägliche Arbeit der Anerkennungsstellen, in die unternehmerische Personalpolitik sowie in gesellschaftliche Diskurse zur Bedeutung von Migration ein. Die Anerkennungsverfahren sind einheitlich, transparent und nachvollziehbar. Die Umsetzungspraxis entspricht der gesetzlichen Intention. Ausländische Qualifikationen werden von Unternehmen geschätzt und genutzt. Ratsuchende können ihre vorhandenen Kompetenzen zielgerichtet in Wert setzen. Ihre Situation auf dem Arbeitsmarkt hat sich nachhaltig verbessert. Eine aktive Willkommens- und Anerkennungskultur ist gelebte Realität“ (MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern 2014: 10).

Was macht eine gute Vision aus?

  • Die Vision wird in einigen wenigen Kernaussagen verdichtet.
  • Sie ist einfach zu verstehen – für alle Beteiligten und für Externe.
  • Die Vision kann auf einer halben Seite formuliert werden.
  • Die Vision kann in einer Minute dargestellt werden.
  • Die Vision ist realistisch und gleichzeitig inspirierend.

Werte

„Wie tun wir es? Wie gehen wir miteinander und mit Partnern um? Was tun wir wie in Wahrnehmung unserer gesellschaftlichen Verantwortung?“ Die Antworten auf diese Fragen geben wesentliche Orientierung für die Art und Weise der Umsetzung von Mission und Vision.

Auf den Punkt gebracht sind die wesentlichen Werte der bayerischen Anerkennungsberatung:

„Ziel und Grundlage unseres Handelns sind Chancengleichheit, Gleichberechtigung sowie Vielfalt in der Gesellschaft und insbesondere auf dem Arbeitsmarkt“ (MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern 2014: 8).

Erarbeitung eines Leitbilds

Die Erarbeitung eines Leitbilds ist ein gemeinsamer partizipativer und dialogischer Prozess. Der Erfolg eines Leitbilds und insbesondere dass es „gelebt“ wird, besteht in seinem involvierenden Charakter bei der Erarbeitung. Gruppenmitglieder der Initiative müssen auf eine transparente und dynamische Weise in den Prozess eingebunden werden. Es reicht selbstverständlich nicht, dass der Vorstand eines Vereins ein Leitbild erarbeitet. Vielmehr müssen alle (aktiven) Mitglieder in die Erstellung einbezogen werden. Gerade in Nachhaltigkeitsinitiativen ist der Stellenwert von Gemeinschaft, Zusammenarbeit, Partizipation und Teamarbeit sehr hoch. So ist es selbstredend, dass für eine offene und umfassende Beteiligung der Mitglieder gesorgt sein muss. Ein alleinige „Verkündung“ des von der Vorstandschaft erarbeiteten Leitbilds führt nicht dazu, dass es von allen Mitgliedern akzeptiert wird.

Sinnvoll ist es, in einer Workshopreihe ein Leitbild zu erarbeiten. Hier ist ein exemplarischer Ablauf mit den wesentlichen Inhalten dargestellt

Inhalte
Workshop I Ausgangslage

  • Erfassung und Diskussion der Ausgangslage, der Stärken und Schwächen der Initiative

Mission

  • Welchen gesellschaftlichen Auftrag übernimmt die Initiative? Was bewirkt die Initiative für wen?

Werte

  • Was ist uns wichtig: auf welchen Wertegrundlagen arbeiten wir: Sammeln, besonders wichtige Werte markieren, Konsens und Dissens festhalten
Die Ergebnisse sind in einem Fotoprotokoll zu dokumentieren.
Workshop II Entwurf einer wünschenswerten und realisierbaren Zukunft

Mit der Entwicklung eines für die Mitglieder gewünschten und realistischen Bilds der Zukunft sollen die Beteiligten motiviert werden.

Methodik: „Visionenspiel“ – ein für die Initiative wünschenswerter Soll-Zustand soll simuliert werden, dazu versetzen sich die Workshop-Teilnehmer/-innen in einem vorher vereinbarten „Termin“ in die Zukunft“

  • Zukunftsvision: Wie stellt sich der wünschenswerte Zustand konkret dar? Wie sieht der „Alltag“ der Initiative aus? (Mitglieder, Arbeit der Mitglieder, Räume, Kooperation mit anderen Initiativen, Kooperationen mit der Kommune …)
  • Rückblick aus der Zukunft: Welche konkreten Maßnahmen sind erforderlich, damit das gewünschte Ziel erreicht werden kann?
Redaktions-team Auf Basis dieser Ergebnisse des Workshops II wird die Vision genauer ausgearbeitet, am besten durch ein Redaktionsteam. Die erarbeiteten Visionen werden auf konkrete Ziele heruntergebrochen. Die Ergebnisse des Workshops I werden aufbereitet, so dass auch ein Text für Mission und Werte entsteht. Wenn Mission, Werte und Vision verschriftlicht sind, dann ist der Entwurf des Leitbilds fertiggestellt.

Der Entwurf des Leitbilds wird den Teilnehmern/-innen als Vorbereitung auf den dritten Workshop zur Verfügung gestellt.

Workshop III Am Workshop III sollten möglichst alle aktiven Mitglieder der Initiative teilnehmen.

  • Vorstellung der Ergebnisse des vorläufigen Leitbildes
  • Diskussion der Ergebnisse und weitere Verfeinerung
  • Abstimmung des Leitbildes und dessen Verabschiedung als gemeinsame zukünftige Arbeitsgrundlage

Für die Workshops sollten folgende Materialien eingeplant werden: Stellwände, Flipchart, Flipchart-Papier, Moderationskoffer.

Wenn das Leitbild „fertig“ ist …

… sollte erst einmal gefeiert werden! Sie haben einen wesentlichen Beitrag für das „Funktionieren“ Ihrer Organisation geleistet. Herzlichen Glückwunsch.

Das Leitbild darf nicht nur zu einem gerahmten Ausdruck in den Räumlichkeiten der Initiative verkommen, ohne dass es wahrgenommen wird.

Für alle Mitglieder der Initiative und insbesondere für die Vorstandschaft heißt es „dran bleiben“:

  • Das Leitbild sollte für die einzelnen Arbeitsgruppen konkretisiert werden.
  • Dauerhaft muss nachgefragt werden, was zur Umsetzung des Leitbilds getan wird.
  • Neuen Mitgliedern muss das Leitbild vorgestellt werden. Können auch sie hinter dem Leitbild stehen?
  • Nach einem bestimmten Zeitabschnitt muss gefragt werden, wie „up to date“ das Leitbild noch ist. Hierzu helfen Evaluierungsworkshops.

Weitere Informationen

Bleicher, K. (2004): Das Konzept Integriertes Management. Visionen – Missionen – Programme. Frankfurt, New York.

MigraNet – IQ Landesnetzwerk Bayern (2014) (Hrsg.): Leitbild Anerkennungsberatung. Fachberatung zur beruflichen Anerkennung ausländischer Qualifikationen in Bayern. Augsburg. Online verfügbar unter http://www.migranet.org/images/Aktuelles/Leitbild_Anerkennungsb_Bayern_2014.pdf, Zugriff am 3.3.2017.