Konflikte erkennen und sie produktiv für die Gemeinschaftsbildung lösen

An Konflikten kann eine Gruppe wachsen. Von allen Konfliktlösungsarten sind aber die wenigsten produktiv. Ein Erkennen und Anerkennen der „hinter“ dem Sachkonflikt stehenden Befindlichkeiten, Werten und Interessen ermöglicht die Lösung von Konflikten. Mit der DALLAS-Methode kann die Konfliktlösung strukturiert angegangen werden.

Vorausgeschickt sei: Konflikte sind ein wesentlicher Bestandteil eines Gruppenlebens. Eine Gruppe wird nicht ohne Konflikte einen Gemeinschaftsbildungsprozess vollziehen können. Verschiedene Personen und Meinungen treffen bei der Aushandlung von Zielen, Werten und Vorgehensweisen aufeinander. Konflikte sind also dem Miteinander inhärent.

Konflikte können aus unterschiedlichen Gründen entstehen, zum Beispiel wenn die Kommunikation innerhalb der Gruppe gestört ist. Je mehr ein Konflikt nicht ausgesprochen wird und je länger er ignoriert wird, umso mehr lädt er sich auf und wird von Gefühlen beeinflusst. Da unausgesprochene Konflikte somit an Intensität gewinnen, ist es wichtig, Konflikte bereits während ihrer Entstehung zu erkennen, um auf sie einzugehen bzw. sie zu beseitigen. Anzeichen für Konflikte sind z.B. ungeduldiges Miteinander und der Mangel an Zuhören, affektgeladene Argumentationen, Vorschläge werden schnell kritisiert noch bevor sie in Gänze dargelegt werden, keine Einigungen, persönliche Anklagen, negative Bewertungen der Beiträge der anderen Gruppenmitglieder, die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, ist gering.

Der Umgang mit Konflikten in Gruppen ist unterschiedlich, produktiv sind nur sehr wenige Umgangsarten: Konflikte werde geleugnet, vertuscht, verharmlost, unterdrückt, Gruppenmitglieder werden ausgeschlossen, eine Majorität in der Gruppe  zwingt die Minderheit zur Zustimmung zu ihrer Position und beherrscht damit das Gruppengeschehen, Allianzen bilden sich, Kompromisse werden geschlossen oder:

Der Konflikt wird in die Gruppe integriert: Die Konfliktparteien setzen sich zusammen und besprechen die Probleme, unterschiedliche Meinungen werden eingebracht und diskutiert. Der Konflikt und dessen Ursachen werden analysiert. Am Ende steht eine Lösung, die alle zufrieden stellt. Diese Art der Konfliktlösung ist die reifste und bringt die Gemeinschaftsbildung am besten voran.

Bevor wir in die Lösungsmöglichkeiten von Konflikten einsteigen, bedarf es der Betrachtung des „Dahinters“ von Konflikten: Hinter einem Sachkonflikt können sich verschiedene Interessen bzw. Bedürfnisse verbergen. Die Eisberg-Metapher hilft zum Verständnis der Hintergründe von Konflikten: Bei einem Eisberg liegt meist nur ein Siebtel über der Wasseroberfläche. Unterhalb der Wasseroberfläche versteckt sich viel mehr. Bei Konflikten wird aber oftmals auf der Ebene der (sichtbaren) Sache argumentiert. Wählt man eine konstruktive Konfliktaustragung, bedarf es der Artikulation von Interessen, Bedürfnissen, Gefühlen, Wertmaßstäben, Missverständnissen, etc. Diese Punkte liegen unterhalb der Wasseroberfläche. Erst wenn die Ebene hinter dem Sachkonflikt betrachtet wird, werden dauerhaft tragfähige Lösungen möglich.

Zeichnung Katrin Vogt

Ein bekanntes Beispiel ist: zwei Kinder streiten sich um eine Orange. Jedes Kind will die Orange für sich. Bei einem Streit erhält ein Kind die Orange, das andere Kind nichts. Bei einem Kompromiss wird die Orange geteilt und jedes Kind erhält eine halbe Orange. Das mag aber nicht ausreichend sein. Erst die Frage nach dem Interesse an der Orange („warum möchtest du die Orange?“) erzielt einen Lösungsweg, der die Interessen beider Kinder voll erfüllt. Wenn ein Kind eine Orange essen will und das andere die Schale zum Backen von Weihnachtsplätzchen benötigt, ist jedem geholfen: das eine bekommt die Schale zum Abreiben und das andere das Fruchtfleisch zum Essen.

Damit Konflikte nicht eine Gruppe „sprengen“, gibt es erprobte Regelungen der Konfliktlösung im Gespräch. Die DALLAS-Methode kann hilfreich sein:

DALLAS Methode

Definieren des Problems: Hier bedarf es des Herausarbeitens der Abweichung des IST-Zustands vom SOLL-Zustands. Am Ende der Definitionsphase sollte jedem Gruppenmitglied das Problem bewusst sein.

Aktivieren: In dieser Phase sollen die Gruppenmitglieder bewerten, wie sie die Differenz zwischen IST und SOLL einschätzen und wie stark ihre Bereitschaft ist, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: Welche Wünsche stehen hinter den individuellen Vorwürfen? Welche Vor- und Nachteile entstehen bei den Beteiligten, wenn sie sich an der Lösung engagieren? Welche gemeinsamen Ziele können gefunden werden?

Lösungsmöglichkeiten: Hier gilt es Lösungsvorschläge zu erarbeiten, diese können beispielsweise im Brainstorming erarbeitet werden und sollten zunächst noch nicht bewertet werden.

Lösungsmöglichkeiten bewerten und Entscheidungen treffen: Bei der Bewertung der Lösungsmöglichkeiten sollte bedacht werden, welche Konsequenzen entstehen und welche Kompromisse erforderlich werden. Alle Betroffenen sollten die Entscheidung mittragen und von ihr profitieren und keiner soll verlieren.

Ausführen und Entscheiden: Ein Aktionsplan legt fest, wer was bis wann mit wem und wie erledigt.

Situation neu bewerten: Nach einiger Zeit sind die Veränderungen zu bewerten, indem wiederum ein IST-SOLL-Abgleich erarbeitet wird. Wenn neue Probleme entstanden sind, sollten diese besprochen werden. Wenn sich die Situation deutlich verbessert hat, sollte dies positiv an alle rückgemeldet werden.

Wer weiter zu „Konflikte in Gruppen lösen“ lesen will, der folge bitte diesem Link.

Ist ein Konflikt schon stark verhärtet und eskaliert er, kann es auch zielführend sein, externe Helfer/-innen hinzuzuziehen oder eine Mediation durchzuführen.